Der Nervus vestibularis ist Teil des achten Hirnnervs, des Nervus vestibulocochlearis, und spielt eine entscheidende Rolle für unser Gleichgewicht, unsere Raumorientierung und die Koordination unserer Bewegungen. Ohne ihn würden selbst einfache Bewegungen wie Gehen oder Aufstehen zur Herausforderung.
Was ist der Nervus vestibularis?
Der Nervus vestibularis überträgt Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr an das Gehirn. Er besteht aus zwei Hauptästen:
- Pars superior: versorgt die Bogengänge für Drehbewegungen des Kopfes
- Pars inferior: versorgt das Makulaorgan (wichtig für den Gleichgewichtssinn) für lineare Bewegungen und die Schwerkraftwahrnehmung
Gemeinsam erfassen sie alle Bewegungen des Kopfes und informieren das zentrale Nervensystem darüber, wie sich der Körper im Raum bewegt und befindet.
Welche Funktionen hat der Nervus vestibularis?
Die Hauptaufgabe des Nervus vestibularis ist die Weiterleitung von Reizen zur Kontrolle von:
- Gleichgewicht und Standstabilität
- Raumorientierung im Alltag
- Augenbewegungen (Vestibulo-okulärer Reflex, oder auch VOR)
- Haltungskontrolle durch anspannen und entspannen der Muskel
Er ermöglicht es dem Gehirn, Bewegungen zu erkennen, zu verarbeiten und entsprechende Reaktionen einzuleiten – etwa das Stabilisieren des Blicks bei Kopfbewegungen oder das Anpassen der Muskulatur beim Balancieren.
Was passiert bei einer Schädigung?
Ist der Nervus vestibularis gestört oder ausgefallen, treten häufig eine Reihe unangenehmer Symptome auf. Dazu zählen Schwindelgefühle, die sich entweder als Drehschwindel oder als Schwankschwindel äußern können. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, ihr Gleichgewicht zu halten, und zeigen eine unsichere Koordination beim Gehen oder Stehen. Auch unkontrollierte Augenbewegungen, sogenannte Nystagmen, sind typische Anzeichen. In vielen Fällen kommen Übelkeit und Erbrechen hinzu, insbesondere bei akuten Reizungen des Gleichgewichtsnervs.
Die Ursachen solcher Störungen sind vielfältig. Häufig liegt eine einseitige Vestibulopathie vor, also eine Funktionsstörung auf einer Seite des Gleichgewichtsorgans. Weitere mögliche Auslöser sind Entzündungen des Nervs, Tumore in der Nähe des Hör- und Gleichgewichtsnervs oder Verletzungen durch ein Schädel-Hirn-Trauma.
Wie kann Physiotherapie unterstützen?
Die vestibuläre Rehabilitation ist ein wichtiger Baustein zur Wiederherstellung der Funktion. Die Therapie zielt darauf ab, das Gehirn bei der Kompensation der gestörten Informationen zu unterstützen:
- Gleichgewichtsübungen: zur Förderung von Stabilität und Haltung
- Bewegungstraining: für Alltagssicherheit und Mobilität
- Augen-Kopf-Koordination: zur Stabilisierung des Blicks bei Bewegung (z. B. VOR-Training)
- Sensomotorisches Training: zur Vernetzung aller Sinnessysteme (visuell, vestibulär, propriozeptiv)
Der Nervus vestibularis ist unersetzlich für unsere Orientierung im Raum und ein sicheres Gleichgewicht. Schädigungen führen oft zu stark einschränkenden Symptomen, die den Alltag erheblich beeinträchtigen können. Durch gezielte physiotherapeutische Maßnahmen lässt sich jedoch viel erreichen, um das Gleichgewicht zu verbessern und die Lebensqualität wiederherzustellen.